Die Zukunft des Wohnens: Zwischen Elektroautos und modularen Wohneinheiten

Meine Geschäftspartnerin und ich sind – wohntechnisch gesehen – eher die konservativen Eigentümer: Wir leben in Einfamilienhäusern älteren Baujahrs. Doch wir beide wissen, dass diese Art zu wohnen sich in den kommenden Jahren überholen wird. Schon jetzt planen viele Bauherren noch vor dem ersten Spatenstich die Wohnhäuser so, dass man sie später gut in mehrere Wohnungen, seniorengerechten Wohnraum oder einen Gewerbebereich umbauen kann – je nach Bedarf.    

Doch die Zukunftsforscher gehen einige Schritte weiter. Sie glauben, dass der demografische Wandel, die Digitalisierung, der anhaltende Zuzug in die Ballungsgebiete und die individualisierten Lebensvorstellungen der Menschen zu einem gewaltigen Umbruch in der Wohnungswirtschaft und den Bauweisen unserer Wohnungen führen wird.    

Kluge Köpfe des deutschen Unternehmens Bosch gehen zum Beispiel davon aus, dass ein großer Teil der Stadtbevölkerung in wenigen Jahren in immer kleineren, aber teuren Single-Wohnungen lebt. Das gälte für junge und ältere Singles. Platz für den Besitz und Zeit für die Haushaltsführung würden zum Luxusgut. Deshalb entwickelte Bosch ein Waschsystem, das den Bewohnern eines Mehrparteienhauses die elektronische Buchung und Bezahlung des Waschens mit einer hauseigenen Waschmaschine ermöglicht. Der Reinigungsservice der Maschinen und deren Wartung ist im Contracting-Preis einkalkuliert. – Dieser Gedanke des Waschmaschinen-Sharings kann auf viele Sachen und Services ausgeweitet werden: Car-Sharing in großen Wohnhäusern, ein Annahmedienst für alle ankommenden Pakete oder Vorzugspreise bei Food-Lieferanten für Bestellungen aus einem bestimmten Gebäude etc.

Doch es geht weiter: Schon heute beschäftigen sich deutsche Gerichte mit der Problematik der E-Tankstelle in Mehrfamilienhäusern. Eine Frage ist zum Beispiel, ob der Eigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes dieses Sondereigentum nachträglich mit einer E-Tankstelle für sein Elektroauto ausstatten darf. Die Gerichte sind sich uneins, denn die Fragen der Brandsicherung, der Optik, der Netzüberlastung etc. sind noch nicht geklärt. – Noch komplizierter wird es, wenn der langjährige Mieter einer Wohnung auf ein Elektromobil angewiesen ist. Einige Stimmen gehen davon aus, dass der Vermieter verpflichtet ist, eine Lademöglichkeit im Außenbereich neben der Haustür einzurichten. Heißt Elektromobilität, dass in Zukunft überall Starkstrom möglich sein muss – und wer sorgt für die Leitungen und bezahlt das?    

Letztendlich wird auch die Bauweise hinterfragt: Ist es notwendig, dass Häuser für Jahrhunderte gebaut werden? Vielleicht sollten die Wohnungen so flexibel werden, dass man sie leicht auf- und wieder abbauen kann. Ein ganzer Straßenzug aus modular versetzbaren und flexibel aufteilbaren Wohneinheiten ist denkbar. Und eine der revolutionärsten Ideen wird von den Architektur-Professoren an der Hochschule Mainz angedacht: Warum drucken wir unsere Häuser nicht einfach in 3-D?* Klingt das zu futuristisch? 

Wir können uns diese Art des Bauens noch nicht vorstellen. Dass unsere Art zu wohnen sich grundlegend ändern wird, ist jedoch schon heute deutlich zu sehen. Die digital steuerbaren Heizungen oder Waschmaschinen sind nur ein erster kleiner Schritt.

Ihre

 

Christiane Seelen und Andrea Senze-Kiko