Die WEG-Selbstverwaltung: Welcher Eigentümer traut sich das zu?

Wie schon mehrmals in diesem Blog geschrieben, haben wir zu den meisten unserer Kunden und auch zu den Handwerksbetrieben, mit denen wir zusammenarbeiten, ein sehr, sehr gutes Verhältnis. Natürlich gibt es gelegentlich Reibungsverluste, aber wer kann schon sagen, dass er in seinem Berufsleben nur Höhen und wunderschöne Momente erlebt hat? – Ich möchte ehrlich sein: Wenn wir als Kinder nach unseren Berufswünschen gefragt wurden, haben wir nie geantwortet: „Immobilienverwalter!“ – Aber in den vergangenen Jahren haben wir so viel erlebt und sind oft mit unseren Kunden durch dick und dünn gegangen. Ich denke, heute müsste man uns einiges bieten, damit wir auf unseren Job verzichten. 

Aber Achtung: Unsere Leidenschaft für unseren Job können wir nur aufbringen, weil wir nur und ausschließlich Objekte von Dritten verwalten. Wenn uns Freunde oder gute Bekannte fragen, ob wir ihr Mietshaus oder die WEG verwalten möchten, in der sie eine Eigentumswohnung haben, dann winden wir uns möglichst freundlich aus der Anfrage heraus. Nur so können wir emotional Abstand halten, wenn es Unstimmigkeiten zwischen Wohnungseigentümern gibt, ein Bauprojekt etwas teurer wird als geplant, die Rückbauarbeiten nach einem Rohrbruch sich hinziehen etc. Und nur aufgrund dieses Abstandes wird der Beruf des Immobilienverwalters zu einem guten Beruf. 

Bedeutet das, dass wir grundsätzlich von einer Selbstverwaltung durch Eigentümer abraten würden? Nein, das heißt es sicher nicht. Wer ein Mehrfamilienhaus gekauft hat und es vermietet, der geht meist auch mit sehr professionellen Einstellungen an die Aufgabe heran. Das Haus ist ein Investment und kein Selbstverwirklichungsprojekt. Außerdem sind Mietshäuser in Privathand, die der Eigentümer selbst verwaltet, oft in einem tipp-topp Zustand, da der Eigentümer seinen eigenen Standard auch in den Wohnungen und Häusern ansetzt. 

Anders ist es jedoch leider in WEGs. Gerade kleinere WEGs neigen dazu, dass ein Eigentümer die Verwaltung des Objekts übernimmt. Denn die Beauftragung eines professionellen Verwalters kostet den einzelnen Eigentümer in einer 5er-WEG viel mehr Geld als den Eigentümer einer Wohnung in einer 50er WEG. Die Selbstverwaltung durch einen Eigentümer liegt nahe. Und irgendein Eigentümer findet sich immer, der den Job netterweise übernimmt, um Geld zu sparen. Der Gesetzgeber begrüßt die Selbstverwaltung in kleinen WEGs auch. Es bietet sich also auf den ersten Blick an. 

Leider haben die meisten netten Eigentümer keine Vorstellung von dem Aufgabengebiet des Verwalters und der Gesetzgeber blendet die fast notwendige Überforderung des verwaltenden Eigentümers bewusst aus und lässt ihn sogar haften. 

Als Verwalter müssen Sie ein weites Feld beherrschen: Sie übernehmen die Buchhaltung, Kontoführung, Abrechnung, Wirtschaftsplanung, die Beauftragung von Dienstleistern, Handwerkern, die Kommunikation mit Eigentümern, Rechtsanwälten, Bauämtern, Versicherungen, Architekten. Sie müssen die Gepflogenheiten am Markt kennen und es schadet nichts, wenn der ein oder andere Richter ihren Namen in positiver Erinnerung behalten hat. Sind Sie in der Lage Ihren Miteigentümern das neue WEG zu erläutern, Zuschüsse und Kreditmöglichkeiten für energiesparende Maßnahmen darzulegen? Wissen Sie was zu tun ist, wenn in Ihrer Liegenschaft Legionellen festgestellt wurden oder in welchem Rhythmus der TÜV den Aufzug abzunehmen hat? – Falls Sie jetzt ein wenig ins Grübeln kommen, dann sollten Sie nicht an eine Selbstverwaltung denken, denn all dies gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung. 

Sie haben zwar grundsätzlich Glück: Seit dem neuen WEG ab dem 01.12.2020 hat der einzelne Eigentümer keinen Anspruch mehr gegen den Verwalter auf ordnungsgemäße Verwaltung. Gem. § 18 Absatz 2 WEG richtet sich der Anspruch des einzelnen Eigentümers gegen die WEG an sich. Diese jedoch hat einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Verwalter, wenn er Schäden am gemeinsamen Eigentum oder am Verwaltungsvermögen verursacht hat. Und das könnte zum Beispiel sein, die verspätete Erstellung einer Jahresabrechnung oder wenn Sie den Instandhaltungsbedarf des Objekts nicht regelmäßig überprüft haben oder auch die Scheu mit einem Rechtsanwalt oder Sachverständigen auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Wir wissen, dass sich viele Wohnungseigentümer eine Wohnung in einem kleineren Objekt wünschen. Die Konsequenz ist dann, dass man die Bezahlung eines professionellen Verwalters einpreist. Oder möchten Sie in einer kleinen WEG Ihrem unmittelbaren Nachbarn Rede und Antwort für Ihre nette, meist ehrenamtliche Verwaltertätigkeit stehen müssen oder der WEG den freundlichen Nachbarn melden, weil er zum dritten Mal sein Hausgeld nicht gezahlt hat?